Schadensersatz wegen arglistiger Täuschung im Kaufrecht

In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, BGH, Urteil vom 18.01.2011, VI ZR 125/09, wurde nunmehr nochmals ausführlich von dem Gericht zur Abgrenzung der Schadensberechnung im Falle des Bestehens von vertraglichen Schadensersatzansprüchen und deliktischen Schadensersatzansprüchen entschieden.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall erwarb der Kläger mit notariellen Kaufvertrag ein (Grundstück) Mehrfamilienhaus und eine Gewerbehalle von der Beklagten GmbH, für welche einer der Geschäftsführer gegenüber dem Kläger vor Abschluss des Vertrages mehrfach erklärt hat, dass das Dach der Gewerbehalle kurz zuvor erneuert worden sei. Tatsächlich wurde beim Dach der Gewerbehalle ca. rund ein Jahr zuvor lediglich aus dem schadhaften Dachbelag eine neue Schalung und darauf eine Bitumenbahn sowie eine Schweißbahn aufgebracht. Nach dem Gefahrübergang der Kaufsache, traten Feuchtigkeitsschäden im Bereich des Daches der Gewerbehalle auf, welche nach dem Angebot eines Dachdeckers -unter Zugrundelegung des kompletten Abrisses der Dacheindeckung und der vollständigen Erneuerung des Daches- 100.000 € kosten würden. Da die Verkäuferin (GmbH) insolvent gewesen ist, nahm der Kläger den oben genannten Geschäftsführer als Beklagten wegen seiner (falsch-) Auskunft auf Schadensersatz (persönlich) in Anspruch. Der Kläger begehrte von dem Beklagten Zahlung von 100.000 € für die Erneuerung des Daches und ist im Übrigen der Ansicht, dass er zumindest einen Anspruch auf Zahlung von 18.000,00 € hat, welcher der Wertminderung der Kaufsache aufgrund der bestehenden Mängel entspricht.

Da der Kläger den Kaufvertrag mit der als Verkäufer fungierenden GmbH abgeschlossen hat und nicht mit dem Beklagten unmittelbar, schied ein direkter Anspruch auf Schadensersatz aus Gewährleistung aus dem Kaufvertrag gegen den Geschäftsführer (Beklagten) der Verkäuferin (GmbH) aus. Auch ein vertraglicher Anspruch aufgrund des Bestehens eines Schuldverhältnisses gemäß § 311 Abs. 3 BGB, wonach ein Solches auch zu Personen entstehen kann, die nicht selbst Vertragspartner werden sollen, schied vorliegend aus, da der Beklagte durch seine Angaben in Bezug auf den Zustand der Kaufsache nicht im besonderen Maße ein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, sondern vielmehr nur das Vertrauen in Anspruch nahm, dass man jedem Vertreter oder Gehilfen einer Partei (eines Verkäufers) entgegenbringt.

Ginge man davon aus, dass der Beklagte den Kläger bewusst und gewollt arglistig über den Zustand des Daches in der Absicht getäuscht hat, dass dieser unter anderem auch die Gewerbehalle für den (Gesamt-) Kaufpreis erwirbt, bestünde jedoch ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aufgrund dieser deliktischen Handlung durch Verwirklichung des Straftatbestandes des Betruges (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB). Ausschlaggebend war daher die vom Gericht zu klärende Frage des Umfanges eines hierauf beruhenden (deliktischen) Schadensersatzanspruchs.

Grundsätzlich hat der zum Schadensersatz Verpflichtete gemäß § 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Dies bedeutet daher (aber) im vorliegenden Fall, dass (auch) wenn der Beklagte den Kläger über den Zustand des Daches nicht getäuscht hätte, der Kläger ein mit den oben genannten Mängeln versehenes Dach hätte, so dass die Kosten für die Herstellung einer mangelfreien Kaufsache nicht zu dem erstattungsfähigen Schaden aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zählt und daher ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der begehrten 100.000 € für die Erneuerung des Daches abzuweisen war. Der insoweit zu ersetzenden Vermögensschaden berechnet sich demnach nach der Differenzhypothese. Hiervon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses, in welchem Fall der Anspruchsteller so zu stellen ist, wie wenn der Beklagte ordnungsgemäß (ohne die Mängel am Dach) erfüllt hätte. Nur in diesem Fall wäre der von dem Kläger begehrte Schadensersatz erstattungsfähig, was jedoch aus folgenden Gründen vorliegend nicht gegeben ist:

Der Kläger macht Ansprüche aus deliktischer Haftung geltend, die nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit oder deren Nicht-oder Schlechterfüllung anknüpft. Demnach stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse nicht, so dass sich der Anspruch auf Schadensersatz dem Umfang nach auf das Erhaltungsinteresse beschränkt.

Die Besserstellung des Käufers im Gewährleistungsrecht beim Anspruch auf Schadensersatz ist nur deshalb gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, aufgrund dessen der Käufer vom Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. Die Haftung gegen einen Dritten wie im vorliegenden Fall, gegen welchen keine Gewährleistungsrechte bestehen, rechtfertigt die Erweiterung der deliktischen Haftung nicht, da dieser haftungsrechtlich nicht wie ein Verkäufer behandelt wird.

Im Ergebnis steht dem Kläger daher kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 100.000 € für die Erneuerung des Daches zu, da er nach der Differenzhypothese auch ohne die Täuschung über den Zustand des Daches durch den Beklagten das Grundstück (Gewerbehalle) gekauft hätte. Da auch der vom Kläger (hilfsweise) begehrte Minderungsbetrag nach der Differenzhypothese kein erstattungsfähigen Schaden darstellt, besteht auch insoweit kein Anspruch, welcher dem Kläger zugebilligt werden könnte, da dieser allenfalls im Falle des Vorliegens eines Schadensersatzanspruchs, welcher auf das Erfüllungsinteresse gerichtet wäre, erstattungsfähig wäre, was jedoch aufgrund der fehlenden (vertraglichen) Gewährleistungsansprüche vorliegend zu verneinen ist.

Anders wäre die Sachlage zu beurteilen, wenn der Kläger konkret dargelegt und im Streitfall bewiesen hätte, dass er bei Kenntnis des mangelhaften Daches einen niedrigeren Preis mit dem Verkäufer ausgehandelt und dieser sich hierauf eingelassen hätte.

Sollten Sie mit Ihrem Vertragspartner, sei es beim Kauf von beweglichen Sachen (z.B. Auto, Möbel) oder gar unbeweglichen Sachen (z.B. Grundstück, Gebäude) im Streit und ein Schaden entstanden sein, sollte fachkundiger Rat durch einen Anwalt in Anspruch genommen werden. Als Rechtsanwalt in Oranienburg vertrete ich Sie im Vertragsrecht (z. B. Kaufvertrag, Darlehensvertrag, Reisevertrag, Bauvertrag), sei es im Rahmen der außergerichtlichen Geltendmachung Ihrer Ansprüche, aber auch vor Gericht und bei der Abwehr von ungerechtfertigten Forderungen gegen Sie.