Recht aktuell
Im Zweifel ist der Nacherfüllungsort am Wohnort bzw. der gewerblichen Niederlassung des Verkäufers
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 13.04.2011, Aktenzeichen VIII ZR 220/10) hat zu der Frage des Erfüllungsortes für die Nacherfüllung im Falle des Vorliegens eines Verbrauchsgüterkaufs unter Berücksichtigung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) Stellung genommen. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall, kaufte der Kläger, welcher in Frankreich wohnhaft gewesen ist, bei der Beklagten, welche ein Fachgeschäft für Campingfahrzeuge mit eigener Werkstatt in Deutschland betreibt, einen neu hergestellten Faltanhänger für 7370,00 € zum privaten Gebrauch. Im Vertrag haben die Parteien unter der Rubrik Lieferung vereinbart: "Selbstabholer". Die Klägerin nutzte den Anhänger nach erfolgter Übergabe in ihrem Urlaub und rügte in der Folgezeit verschiedene Mängel, deren Vorliegen (bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs/Übergabe) zwischen den Parteien unstreitig ist. Letztendlich forderte der Kläger die Nacherfüllung durch Beseitigung der Mängel und zu diesem Zweck die Abholung der Kaufsache vom Wohnort des Klägers, wozu ein rotes Überführungskennzeichen erforderlich gewesen wäre. Letztendlich erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag Zug um Zug gegen Rückgabe der Sache und Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 7370,00 €. (Anmerkung: Deutsches Recht war nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. unter Zugrundelegung der Vermutung in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB a.F. anzuwenden, wobei nunmehr mit Erlass der gemeinschaftsrechtlichen Rom I Verordnung mit Wirkung zum 17. 12. 2009, Art. 4 Abs. 1 lit.a) dieser Verordnung, auf Kaufverträge über bewegliche Sachen Anwendung findet, wobei die Ausnahmen nach Art. 6 bei Verbraucherverträgen zu beachten sind.) Das Gericht beschäftigte sich u.a. letztendlich mit der Frage, ob das Nacherfüllungsverlangen des Käufers wirksam gewesen ist, da er zwar grundsätzlich bereit gewesen ist, die Kaufsache zur Reparatur zur Verfügung zu stellen, es jedoch ablehnte, den Anhänger zu diesem Zweck an den Geschäftssitz des Verkäufers (der Beklagten) zu bringen. Fraglich war daher, ob der Käufer verpflichtet ist, die Kaufsache zum Zwecke der Nacherfüllung (vorliegend zum Zwecke der Mängelbeseitigung) zum Verkäufer zu bringen. Letztendlich entschied der BGH unter Darlegung des o.g. Meinungsstreits in Rechtsprechung und Literatur die Frage nunmehr dahingehend, das der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB zu bestimmen ist. Hiernach ist vorrangig aufgrund einer etwaigen Parteivereinbarung zu bestimmen, wo der Erfüllungsort für die Nacherfüllung sein soll. Liegt keine Parteivereinbarung vor, was der Regelfall in der Praxis sein dürfte, ist des weiteren zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen in Bezug auf die Art/Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses oder gar (wohl nur bei Verbraucherverträgen) Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Art. 3 Abs. 3 eine Entscheidung rechtfertigen, wonach Umstände im konkreten Fall vorliegen, welche es gebieten und letztendlich rechtfertigen, dass der Erfüllungsort am Ort der Belegenheit der Sache / des Wohnsitzes des Verbrauchers ist. Sollten solche Umstände nicht vorliegen, ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Wohnsitz bzw. die gewerbliche Niederlassung des Schuldners (Verkäufers) der Ort für die Nacherfüllung ist. Soweit eine Auslegung des § 269 Abs. 1 BGB an Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterrichtlinie erfolgt, ist grundsätzlich nicht von vornherein davon auszugehen, dass der Erfüllungsort der Nacherfüllung in jedem Fall mit dem Belegenheitsort der Kaufsache gleichzusetzen ist. Hiervon kann nur dann ausgegangen werden, wenn unter Bezug auf den vorliegenden Fall ansonsten der vom Verbraucher erforderliche Transport oder dessen Organisation diesem erhebliche Unannehmlichkeiten bereiten würde, welche die Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wies der BGH die Klage des Käufers ab, da aus den besonderen Umständen des Schuldverhältnisses, nämlich dem Begehren des Klägers zur Reparatur der unstreitig bestehenden Mängel, es erforderlich gewesen ist, dass das Fahrzeug in einer Reparaturwerkstatt verbracht werden muss und aufgrund der relativ geringen (örtlichen) Entfernung zwischen den Vertragsparteien, die Verbringung der Kaufsache zum Firmensitz der Beklagten und dessen Organisation für den Käufer keine erhebliche Unannehmlichkeit darstellt. Da der Käufer (Kläger) die Kaufsache nicht zum Verkäufer (Beklagten) zum Zwecke der Mängelbeseitigung verbracht hat, lag kein wirksames Nacherfüllungsverlangen und somit unter anderem nicht die dahingehende Voraussetzungen für den erklärten Rücktritt vor.
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